„Kinder verdienen unseren größtmöglichen Schutz“
Geht es um sexualisierte Gewalt gegen Kinder, spricht Christina Schulze Föcking oft von „Seelenmord“. Die Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion für den Bereich Kinderschutz war nun auf Einladung der heimischen Landtagsabgeordneten Bianca Winkelmann in den Mühlenkreis gekommen, um mit den Verantwortlichen der Diakonie in Lübbecke darüber zu sprechen, wie Mädchen und Jungen noch besser vor Gewalt geschützt werden können.
Anlass war das neue NRW-Kinderschutzgesetz, das am 1. Mai in Kraft getreten ist. „Die Missbrauchsfälle von Lügde, Mönchengladbach und Münster waren eine Zäsur“, sagt Bianca Winkelmann. „Kinder verdienen unseren größtmöglichen Schutz und mit dem umfassenden Kinderschutzgesetz kommen wir diesem Ziel einen großen Schritt näher.“
Ihnen gegenüber saßen dabei Diakonie-Leiter Lutz Schäfer, Andre Vahrenkamp von der Flexiblen Familienhilfe und Hans-Werner Dielitzsch von der Familienberatung. „Seit über 50 Jahren gibt es unsere Familienberatung“, erklärte Lutz Schäfer und unterstrich die Wichtigkeit des Themas Kinderschutz. „Sie laufen bei uns offene Türen ein“, sagte er den Politikerinnen. Andre Vahrenkamp konnte insbesondere von den Erfahrungen aus Familien mit psychisch- und suchterkrankten Eltern berichten. „Die Loyalität der Kinder zu den Eltern ist sehr groß. Viele Kinder übernehmen die Verantwortung, wenn es ihren Eltern schlecht geht.“
Einigkeit herrschte darüber, dass in den meisten Missbrauchsfällen auch Fehler in den Behörden ein wesentlicher Grund gewesen seien, weshalb die Kinder nicht besser geschützt worden sind. „Es gibt fast 200 Jugendämter in NRW. Alle haben bisher ganz unterschiedlich und ohne feste Vorgaben gearbeitet“, so Christina Schulze Föcking. „Wir geben den Ämtern jetzt endlich die notwendigen Handlungskonzepte und stellen klare Mindeststandards auf. Damit wollen wir den engagierten Mitarbeitern Sicherheit geben.“
Andre Vahrenkamp unterstrich den Wert standardisierter Dokumentationen: „Das unterstützt den Hilfeprozess und kann bei dem Verlauf einer Hilfe bis hin zu familiengerichtlichen Verfahren einen wichtigen Beitrag leisten.“
Christina Schulze Föcking sieht NRW als Pionier im Bereich Kinderschutz. So stellt das Land alleinig im Rahmen des neuen Kinderschutzgesetzes in diesem Jahr 53 Millionen zur Verfügung, 85 Millionen Euro sind es dann ab 2023 pro Jahr. Auch die Innenminister Herbert Reul hat das Thema angepackt: „400 Polizistinnen und Polizisten sind jetzt speziell für den Kinderschutz und die Bekämpfung von Abbildungen sexualisierter Gewalt im Internet zuständig.“
Bianca Winkelmann sieht NRW auf einem guten Weg. „Aber wir dürfen nicht nachlassen“, so die Christdemokratin. „Wir müssen das Personal in Kindergärten, Schulen oder Arztpraxen so schulen, dass sich betroffene Kinder nicht erst sieben oder acht Mal an einen oder mehrere Erwachsene wenden müssen, bis etwas passiert.“
Christina Schulze Föcking erwähnte in diesem Zusammenhang auch den sogenannten interkollegialen Austausch: „War es früher so, dass Eltern einfach den Kinderarzt gewechselt haben, damit den Medizinern erste Anzeichen für Gewalt nicht aufgefallen, haben wir dem den Riegel vorgeschoben. Ärzte dürfen sich nun untereinander austauschen, Ärztehopping wird so zum Schutz der Kinder unterbunden. Opferschutz geht über Datenschutz.“